EnJoiMe-Software
Planungstest - Software für die neuropsychologische Diagnostik

Hintergrund:

In den letzten Jahren in der Klinischen Neuropsychologie wurde den sogenannten „Exekutivfunktionen“ eine zunehmend grössere Beachtung geschenkt. Trotz bisheriger Probleme, die Exekutivfunktionen exakt zu beschreiben, lässt sich übereinstimmend feststellen, dass die Planungsfähigkeit den exekutiven Funktionen zugeordnet werden kann. Planungsfähigkeit lässt sich grob unterteilen einerseits in die Fähigkeit, Pläne zu erstellen und andererseits in die Fähigkeit, einen Plan im Hinblick auf die Erreichung eines Ziels hin auszuführen (siehe hierzu auch Funke & Fritz 1999) ), also den erstellten Plan in eine zielgerichtete Handlung umsetzen zu können.

Mit der zunehmenden Wichtigkeit und Beachtung der exekutiven Funktionen stellt sich auch vermehrt die Frage nach einer angemessenen Diagnostik in diesem Bereich und somit der Bedarf nach dafür geeigneten Testverfahren. Das hier vorliegende Computerprogramm „Planungstest“ soll dazu ein Beitrag sein, diese Lücke zu schliessen und ein standardisiertes, neuropsychologisches Instrument für die Überprüfung der Planungsfähigkeit liefern.

Eine zentrale Forderung für die Diagnostik der Exekutiven Funktionen ist die Neuartigkeit der Aufgabenstellung, um die erbrachten Testleistungen von erlernbaren Prozeduren abgrenzen zu können. Dieser Forderung kann der „Planungstest“ gerecht werden. Bei der Testdurchführung werden immer wieder neue Aufgaben generiert, die es zu lösen gilt und für die die vorangegangenen Aufgaben keine Hilfestellung anbieten. Ein Übungs- oder Lerneffekt aufgrund der mehrmaligen Wiederholung desselben Aufgabentyps ist somit ausgeschlossen.

Bei der Konstruktion der ausgewählten Aufgaben wurde besonderen Wert darauf gelegt, sowohl die konzeptionellen als auch testpsychologischen Kriterien zu berücksichtigen. Der „Planungstest“ basiert auf der von Shallice 1982 entwickelten „Turm von London-Aufgabe“, musste aber aufgrund methodischer Schwächen komplett neu überarbeitet werden.

In der ursprünglichen Version von Shallice wurde z.B. immer von der gleichen Startposition ausgegangen, was natürlich zu einem gewissen Gewöhnungseffekt führt (der Proband lernt allmählich alle Zugvarianten kennen und entwickelt ein Gefühl, welche evtl. gerade geeignet ist). In modifizierten Nachfolgeversionen wurde dieses Problem teilweise dahingehend gelöst, indem die Aufgaben so konstruiert waren, dass von jeweils unterschiedlichen Startpositionen immer zu einem bestimmten Ziel gelangt werden muss. Im vorliegenden „Planungstest“ wurde noch ein Schritt weitergegangen: aufgrund des ausreichend grossen Aufgabenpools ist es möglich, die Sequenz der Aufgaben so zu wählen, dass bei jeder neuen Aufgabe sowohl die Start- als auch die Zielposition variiert. Somit ist ausreichend sichergestellt, dass ein Gewöhnungseffekt für bestimmte Konstellationen generell ausgeschlossen werden kann.

In allen bisher veröffentlichten Untersuchungen, bei denen eine Turm von London-Version eingesetzt wurde, ist der Schweregrad immer durch die Anzahl der Züge festgelegt worden, die für die optimale Lösung einer Aufgabe benötigt werden. In einer methodischen Arbeit (Röhrenbach 1989) stellte sich jedoch heraus, dass sich mit der Länge des Lösungsweges gerade mal 41% der Varianz der Aufgabenschwierigkeit erklären lassen! Es zeigte sich weiter, dass es eine ganze Reihe weiterer Merkmalsstrukturen gibt, die ebenfalls die Schwierigkeit der Aufgaben variieren. So ist es z.B. ein Unterschied, ob die Zielposition ganz oder verteilt ist, ob es für eine Aufgabe mehrere Lösungswege gibt, ob ein Teil des Lösungsweges durch vorangegangene Aufgaben „bekannt“ ist, wie viele Zugalternativen es von der Startposition aus gibt, und wie viele Züge bis zum ersten Zwischenziel bzw. von dort bis zum Ziel benötigt werden. Werden diese Merkmalsstrukturen in der Untersuchung zur Aufgabenstruktur mit berücksichtigt sich, dann lassen sich in einer multiplen Regression wesentlich bessere Vorhersagen der Aufgabenschwierigkeit (81 – 84%) treffen. Für die Konstruktion eines neuropsychologischen Testverfahrens erscheint es sinnvoll, sämtliche Parameter, die die Schwierigkeit der Aufgaben beeinflussen, konstant zu halten, so dass gewährleistet ist, dass die Anzahl der Züge nun ein besseres Mass für die Aufgabenschwierigkeit darstellt. Dieses Vorgehen konnte im hier vorliegenden Planungstest realisiert werden, weil der Aufgabenpool hinreichend gross ist, um diejenigen Aufgaben zu selektieren, die bezüglich allen bekannten Strukturmerkmalen, welche den Schwierigkeitsgrad beeinflussen, konstant sind. Dies hat darüber hinaus auch gewisse Vorteile bzgl. einer möglichst einfachen und ökonomischen Auswertung des Tests, ohne dabei die Komplexität der Aufgabenstruktur zu vernachlässigen.

Ein weiteres Problem bei den bisherigen Versionen entstand immer dann, wenn der Test für eine Verlaufsuntersuchung (z.B. nach einer durchgeführten Therapie) benötigt wird, das es vermutlich zu unbrauchbaren Ergebnissen kommt, wenn der Test einfach ein zweites Mal durchgeführt wird. Aus diesem Grund war es ein Ziel, eine Parallelform bei dem hier beschriebenen Planungstest für solche Fragestellungen anbieten zu können. Auch hier erlaubt es der mathematische Lösungsraum, bzgl. dem Schwierigkeitsgrad exakt parallele Aufgaben zu konstruieren. Dies ist insbesondere im Diagnostikbereich der exekutiven Funktionen ein grosser Vorteil, weil es aufgrund der spezifischen Anforderungen an einen Test aus diesem Bereich oft nicht möglich ist, eine echte Parallelform zu entwickeln (z.B. Turm von Hanoi, Wisconsin Card Sorting Test).

Die Vorteile des Planungstests für die neuropsychologische Diagnostik der Planungsfähigkeit liegen somit zusammenfassend darin, dass sich die Aufgabenschwierigkeit sehr variabel einstellen und verändern lässt durch eine systematische Variation der Start- und Zielpositionen unter Konstanthaltung sämtlicher empirisch identifizierter Parameter, die die Aufgabenschwierigkeit zusätzlich beeinflussen. Bei der Auswahl der Aufgaben wurde darauf geachtet, dass sich kein Lerneffekt aufgrund vorangegangener Aufgabenstellungen ergibt.

In neueren PET-Studien hat sich darüber hinaus gezeigt, dass sich bei gesunden Probanden spezifische präfrontale Aktivierungen beim Lösen von Turm-von-London-Aufgaben nachweisen lassen (Owen et al 1990, Dagher et al 1999, Baker et al 1996).

In Bezug auf testtheoretisch geforderte Kriterien gibt es einige Untersuchungen, die belegen, dass sich mit dem Turm-von-London-Paradigma durchaus akzeptable Werte erzielen lassen. So untersuchte z.B. Schnirmann 1998 bei 50 Studenten die Reliabilität durch eine Erweiterung des Aufgabenpools auf 30 Items und erzielte dabei eine Retest-Reliabilität von r = .70 und eine interne Konsistenz von .794. Die Überprüfung der Konstrukt-Validität wurde von Culbertson 1998 anhand einer Testbatterie durchgeführt. Hierbei ergaben sich insgesamt 4 unabhängige Faktoren, wobei 2 davon dem exekutiven Bereich zuzuordnen sind: „Planung/Inhibition“ und „Konzeptentwicklung/Flexibilität“ sowie die Faktoren „Intelligenz“ und „Gedächtnis“. Das Turm-von-London-Paradigma lud dabei am höchsten von allen Tests auf dem Faktor „Planung/Inhibition“.

EnJoiMe-Software (Ulrich Beck und Joachim Kohler GbR)